Pflichtteilsansprüche

Der Erblasser kann durch Testament oder Erbvertrag oder andere Verfügung von Todes wegen von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. In diesem Falle können Pflichtteilsansprüche bestehen.

Der Pflichtteil besteht grundsätzlich in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Berechtigte Personen sind die Abkömmlinge des Erblassers (auch wenn sich diese seit Jahren nicht um den Erblasser gekümmert haben, auch nichteheliche Kinder).

Was die wenigsten wissen: Auch Ehegatten können einen Pflichtteilsanspruch haben. Gleiches gilt für Eltern, wenn der Erblasser keine Kinder hinterlassen hat.

Es ist auch denkbar, dass ein Pflichtteilsanspruch besteht, wenn ein Kind durch Testament Erbe geworden ist, aber durch das Testament wertmäßig weniger bekommt, als es seinem Pflichtteil entspricht.

Das häufigste Problem besteht in der Praxis für den Pflichtteilsberechtigten jedoch darin, dass er die Höhe seines Pflichtteilsanspruches gegenüber dem Erben gar nicht berechnen kann, weil er gar nicht weiß, welchen Wert der Nachlass insgesamt hat. Er weiß zwar wieviel Prozent vom Nachlass ihm zusteht; weiß also beispielsweise dass er 10 Prozent zu bekommen hat, weiß aber nicht 10 Prozent wovon?

Das Gesetz hilft hier weiter. Der Pflichtteilsberechtigte hat gegen den Erben einen Auskunftsanspruch. Der Erbe muss dem Pflichtteilsberechtigten durch ein vollständiges systematisches Nachlassverzeichnis alle Nachlassgegenstände von Wert auflisten (und zwar nicht "tröpfchenweise", sondern einmal, umfassend und systematisch). Besteht Anlass die Richtigkeit oder Vollständigkeit der erteilten Auskunft anzuzweifeln, muss der Erbe die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft auch durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung bekräftigen. Die Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung ist strafbar.
Erteilt der Erbe die angeforderte Auskunft nicht freiwillig, so kann dieser Auskunftsanspruch (einschließlich der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) zur Vorbereitung der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches in einer sog. Stufenklage vor Gericht eingeklagt werden. Kann der Erbe den Wert eines Gegenstandes selbst nicht angeben (bspw. den Verkehrswert einer Immobilie) kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Erben verlangen, dass dieser auf Kosten des Nachlasses einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens beauftragt.

Wichtig ist auch zu wissen, dass ein Pflichtteilsanspruch immer nur auf Geld gerichtet ist. Das heißt zum einen, dass der Pflichtteilsberechtigte nicht die Herausgabe eines bestimmten Nachlassgegenstandes, sondern immer nur Zahlung eines Geldbetrages verlangen kann, der wertmäßig seinem Pflichtteil entspricht. Für den Erben ist dies zum einen vorteilhaft, weil er zur Herausgabe eines Erinnerungsstückes o.ä. nicht verpflichtet ist, zum anderen aber ist es aber auch nachteilhaft, weil der Pflichtteilsberechtigte nicht verpflichtet ist, etwas anderes als Geld zu akzeptieren und der Erbe u.U. gezwungen sein kann, den einzigen Nachlassgegenstand (bspw. Eigenheim) zu beleihen oder gar zu verkaufen, um den Pflichtteilsberechtigten zu befriedigen.